8
Dez.
2024
6

Ich geh‘ steil (oder auch nicht)

Ja, das Panorama ist fantastisch hier oben, wo ich lebe und arbeite. Und ja, die Fotos sind alle echt. Ja, es ist ein Privileg, auf 1359 m ü M, mitten in einer fantastischen Bergwelt zu leben. Frische Bergluft, Natur pur, eine tolle Gemeinschaft im Dorf und im Nachbardorf Feldis, faszinierende Wildtiere und die süssesten vier Bergkatzen der Welt. Leben, wo andere Urlaub machen – so könnte (ein ziemlich ausgelutschter) Werbeslogan heissen.

Wandern ab Haustür
Ja, ich kann bzw. könnte direkt von der Tür aus Wanderungen unternehmen. Kürzere, einfache oder richtige Bergtouren. Alles ist möglich. Am Feierabend, am Wochenende oder einfach mal zwischendurch, wenn die Arbeit es zulässt. Das habe ich mir auch fest vorgenommen. „Wer die Möglichkeit hat, soll sie auch nutzen“, schusterte ich mir eine (ebenfalls ziemlich platte) Weisheit zurecht. Klingt klug, nicht wahr? Von den „Freitagnachmittagswanderungen“ über die „7-Wanderungen-pro-Monat-Challenge“ bis hin zum „täglichen Spaziergang von 30 Minuten ab Haustür“ liess ich mir immer wieder neue Aktivitäten einfallen.

Vorsätze und Realität
Und was ist daraus geworden? Ganz ehrlich? Wenig. Obwohl ich jedesmal überglücklich, zufrieden, stolz und inspiriert bin, wenn ich von einer Wanderung zurückkehre, schaffe ich es zu selten. Das hat ein paar Gründe:

  • Die Katzen: Sobald ich das Haus verlasse, verfolgen mich unsere vier Kater auf Schritt und Tritt (Beweisfoto weiter unten). Auch wenn ich versuche, mich unbemerkt aus dem Haus zu schleichen, täppeln sie in Kürze hinter mir her. Es versteht sich von selbst, dass ich mit vier Katern im Schlepptau nicht aufs Fulhorn wandern kann.
  • Die Arbeit: Zu meiner grossen Freude habe ich immer viel zu tun. Als Texterin aus Leidenschaft versinke ich in meiner Arbeit. Wenn ich dann irgendwann wieder auftauche, ist es zum Wandern zu spät.
  • Das Wetter: Zugegeben, ich bin eine Schön-und-warm-Wetter-Wanderin. Du brauchst deswegen gar nicht die Augenbrauen hochzuziehen.
  • Die Pflichten: Einkaufen, waschen, putzen: Manchmal ruft einfach die Pflicht und ich folge pflichtbewusst.

(Beweisfotos zu Verhinderungsgrund Nr. 1 – mehr Bilder bei Bedarf vorweisbar.)

Ausreden? Aber hallo!
Alles Ausreden findest du? Du hast gut reden. Nur eine Sache der Disziplin sagst du? Stimmt. A-b-e-r: Als Selbständige habe ich natürlich viel Disziplin. Sogar sehr viel Disziplin. Seit 32 Jahren habe ich noch nie einen Abgabetermin verpasst, jeden Auftrag pünktlich erledigt, bei Krankheiten durchgebissen, Kinder, Schule, Textarbeit, Haushalt, alles unter einen Hut gebracht. Fishing for compliments? Sicher nicht. A-b-e-r: eine zentrale Erkenntnis.

Die Erkenntnis
Vielleicht ist es ja so, dass meine ungeheuren Disziplin-Reserven allesamt für die Arbeit draufgehen? Dass ich also eigentlich nichts dafür kann, wenn ich nicht steil gehe? Ha. Was für eine beruhigende Erkenntnis. Das motiviert mich, befreit von guten Vorsätzen einfach dann wandern zu gehen, wenn ich Lust habe. Holdrio.

 

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