Portrait

«Mein zweites Zuhause.»

Erica Sauta-Holderegger

Jetzt bin ich also eine Bergbauern-Helferin geworden. Wer hätte das gedacht? Ich zuallerletzt. Als Kind verbrachte ich meine Sommerferien zwar meist bei einer befreundeten Familie auf deren Bauernhof im Jura. Mit dieser Zeit verbinde ich nur gute Erinnerungen. Hanni und Werner hatten 5 Kinder mehr oder weniger im Alter von meinem Bruder Fredy und mir. Ich zog ständig mit Dani umher. Die Wochen waren für uns Abenteuer pur, die Zeit verging immer viel zu schnell. Als Kind lebt man sorgenfrei in den Tag hinein.

Stallarbeiten waren ein Spiel, Hühner zum Jagen da, Kühe zum Reiten und abends die Milchkannen in die Molkerei bringen war das reinste Gaudi. Was wir unterwegs alles angestellt haben, geht auf keine Kuhhaut, wie man so schön sagt. Noch heute kann ich Bilder, Düfte und Situationen vor meinem geistigen Auge abrufen, als ob ich gestern dort gewesen wäre. Ich rieche das frische Gras, das wir den Kühen fütterten, sehe, wie die geschlachteten Hühner ohne Köpfe herumrennen, spüre das kühle Wasser des Dorfbachs vor dem Haus, in den wir unsere Füsse tauchten, wittere die frische, dampfende Milch, die wir in die Milchtröge füllten. Irgendwann war’s dann vorbei mit den Bauernhofferien, die Besuche wurden seltener, die Prioritäten verschoben sich. Das ist der Lauf der Dinge.

Ob meine wiedererwachte Leidenschaft für die Landwirtschaft ihren Ursprung in jener Zeit hat? Wer weiss. Die Motivation ist heute sicher eine andere. Die Arbeit ist knochenhart und als Erwachsene nehme ich neben den schönen Seiten auch die Sorgen und Nöte der Bauern wahr. Trotz allem erfüllt es mich mit Glücksgefühlen, dass ich als Stadtmensch ein bisschen am Bergbauernleben teilhaben kann.